Wie oft müssen Mieter lüften, um Schimmel zu vermeiden?

Nachdem der Vermieter in seinem Haus neue Fenster eingebaut hatte, kam es in einer Wohnung zur Bildung von Schimmel. Aufgrund dessen wies der Vermieter die Mieterin darauf hin, dass sie die Luftfeuchtigkeit durch „vermehrtes, richtiges üڳٱ“ reduzieren muss. Als sich 10 Jahre später erneut Schimmel in Bad und Kinderzimmer gebildet hatte, zahlte die Mieterin die Miete unter Vorbehalt.
Mieterin verklagte Vermieter wegen Schimmel
Die Mieterin verlangte, dass der Vermieter den Schimmel in der Wohnung beseitigt. Ferner machte sie eine Mietminderung geltend und verlangte die Rückzahlung eines Teils der Miete. Das LG Landshut entschied, dass die Mieterin weder einen Anspruch auf Beseitigung des Schimmels gem. § 535 BGB hat, noch zur Minderung der Miete gem. § 536 BGB berechtigt ist (Urteil v. 08.01.2025, 15 S 339/23).
Mieterin hat unzureichend ihre Wohnung gelüftet
Dies begründeten die Richter damit, dass der Schimmel nicht auf Baumängel, sondern das unzureichende üڳٱ der Mieterin zurückzuführen war. Diese hätte die Wohnung mindestens zweimal am Tag für ungefähr jeweils 10 Minuten lüften müssen. Darüber hinaus wäre sie verpflichtet gewesen, Feuchtspitzen z.B. im Bad durch üڳٱ abzufangen.
üڳٱ zweimal pro Tag für jeweils 10 Minuten ist üblich
In diesem Zusammenhang könne die Mieterin sich nicht darauf berufen, dass der Vermieter sie lediglich zum „vermehrten üڳٱ“ aufgefordert hat. Denn dieses Lüftungsverhalten sei allgemein üblich und könne daher auch dann vom Mieter erwartet werden, wenn der Vermieter ihn darauf nicht ausdrücklich auf den Umfang des üڳٱs hingewiesen hat.
Mieter muss Lüftungsverhalten anpassen bei Erneuerung der Fenster
Ebenso wenig könne die Mieterin anführen, dass sie vor dem Austausch der Fenster lediglich bei Feuchtspitzen lüften brauchte und sonst gar nicht. Denn der Mieter sei verpflichtet, bei einer Erneuerung der Fenster im Rahmen einer Wohnungssanierung sein Lüftungsverhalten anzupassen.
Wie häufig müssen Mieter lüften?
Wie oft Mieter ihre Wohnung normalerweise lüften müssen, um ihrer Lüftungspflicht nachzukommen, das hängt nach der Rechtsprechung des BGH von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (Urt. v. 05.12.2018, VIII ZR 271/17). Die Gerichte in den unteren Instanzen sind von unterschiedlichen Zeiträumen ausgegangen.
- Häufig gehen sie - wie das LG Landshut, davon aus, dass der Mieter normalerweise mindestens zweimal pro Tag lüften muss, um seiner Lüftungspflicht nachzukommen. Beispielsweise hat das LG Bonn entschieden, dass ein Mieter ohne Hinweis zweimal am Tag für jeweils ca. 10 Minuten seine Wohnung stoßlüften oder querlüften muss (Urteil v. 13.09.2012, 6 S 69/12). Das AG Hannover hat ausgeführt, dass ein Mieter mindestens zwei bis dreimal am Tag in jedem Raum für jeweils 10 bis 15 Minuten weit die Fenster öffnen muss oder zumindest eine Zuglüftung durch Öffnen der Ballontüre oder eines weiteren Fensters stattfinden muss (Urteil v. 31.08.2005, 565 C 15388/04). Das AG Bremen entschied, dass normalerweise von einem Mieter nicht mehr als ein einmaliges oder zweimaliges Stoßlüften am Tag gefordert wird (Urteil v. 16.06.2015 – 9 C 447/13).
- Demgegenüber entschied das AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, dass der Mieter normalerweise bis maximal 3-mal am Tag zum üڳٱ seiner Wohnung verpflichtet ist (Urt. v. 19.10.2015, 20 C 234/13).
- Das LG Dortmund hat festgestellt, dass von einem Mieter nicht erwartet werden kann, dass er seine Wohnung bis zu sieben Mal am Tag lüftet (Urteil vom 20.11.2007, 1 S 49/07).
Sofern Vermieter und Mieter eine Vereinbarung über die Lüftungspflicht getroffen haben, ist zu prüfen, ob diese wirksam ist. Handelt es sich um eine Formularvereinbarung, kommt ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn der Mieter durch die Verwendung unangemessen benachteiligt wird.
Praxishinweise:
Vermieter sollten ihre Mieter am besten genaue Vorgaben darüber machen, wie häufig sie in ihrer Wohnung lüften müssen. Normalerweise sollten sie sich damit begnügen, dass der Mieter zwei Mal am Tag lüftet.
Vermieter sollten darauf achten, dass keine Baumängel vorliegen. Denn dadurch kommt es häufig zur Bildung von Schimmel. Darüber hinaus müssen Vermieter im Zweifel beweisen können, dass kein Baumangel zur Schimmelbildung geführt hat.
Mieter sollten darauf achten, dass sie ihre gesamte Wohnung regelmäßig stoß- oder querlüften und dabei nicht nur die Fenster kippen, sondern ganz öffnen.
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