Haftung der Strohfrau des faktischen Geschäftsführers

Über diese Frage musste kürzlich das FG Münster entscheiden (). Im entschiedenen Fall war die Klägerin - bis in das Jahr 2017 - alleinige Gesellschafterin und die alleinige nominelle Geschäftsführerin und später Liquidatorin der im Jahr 2007 gegründeten T GmbH. Herr U. K., der Ehemann der Klägerin, war (alleiniger) faktischer Geschäftsführer der T GmbH.
Im April 2013 begann bei der T GmbH eine Betriebsprüfung betreffend die Umsatzsteuer 2008 bis 2013. Der Prüfer war der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen zu versagen sei. Wegen der Umsatzsteuer 2010 und Nachzahlungszinsen nahm das Finanzamt die Klägerin mit Haftungsbescheid in Anspruch.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 11.5.2020 setzte das Finanzamt die Haftungssumme herab und wies den Einspruch im Übrigen zurück.
FG Münster: Haftungsinanspruchnahme rechtmäßig
Das FG Münster hat entschieden, dass die Haftungsinanspruchnahme durch Bescheid vom 6.5.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.5.2020 rechtmäßig ist. Das Finanzamt konnte die Haftung dem Grunde und der Höhe nach auf §§ 191 Abs. 1, § 69 AO stützen, insbesondere liegt das hierzu erforderliche grobe Verschulden der Klägerin vor. Das FG macht u.a. folgende Ausführungen:
- Gemäß § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Zu den potentiellen Haftungsschuldnern gehören u.a. die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen (§ 34 Abs. 1 AO).
- Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 haben die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen.
- Die Klägerin war als (einzige) nominelle Geschäftsführerin und spätere Liquidatorin der T GmbH deren gesetzliche Vertreterin im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 AO.
- Die Klägerin hat die Erklärungs- und Entrichtungspflichten der T GmbH betreffend die Umsatzsteuer 2010, für deren Erfüllung sie als alleinige organschaftliche Geschäftsführerin gem. § 34 Abs. 1 AO steuerrechtlich verantwortlich zeichnete, (objektiv) verletzt.
- Dass die Klägerin in der T GmbH nicht tatsächlich die Geschäfte führte, sondern nur als Strohfrau fungierte, ändert an der objektiv vorliegenden Pflichtverletzung nichts. Denn die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergibt sich allein aus der nominellen Bestellung zum Geschäftsführer.
- Eine Haftung kommt zwar nur bei "gravierenden Sorgfaltspflichtverletzungen" in Betracht. Die Übernahme einer Geschäftsführer-Stellung nur "auf dem Papier" und ohne irgendeine tatsächliche Einflussnahme auf die Führung der Geschäfte, mithin die vollumfängliche Überlassung und Duldung der Führung der Geschäfte an bzw. durch einen Dritten, begründet eine gravierende Sorgfaltspflichtverletzung. Ein Ermessensfehler bei der Haftungsinanspruchnahme ist nicht erkennbar.
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