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Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung K枚rperschaftsteuer
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Leitsatz (amtlich)
Wird gegen einen Verein, der Freistellung wegen Gemeinn眉tzigkeit nach 搂 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG begehrt, unter Ablehnung der Gemeinn眉tzigkeit ein auf 0 DM lautender Steuerbescheid erlassen, so kann der Verein den Bescheid auf Grund des 搂 232 Abs. 1 AO anfechten.
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Normenkette
AO 搂听213 Abs. 1, 搂听232 Abs. 1; KStG 搂 4 Abs. 1 Nr. 6
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Tatbestand
Das Gesch盲ftsgrundst眉ck X-dorf, N-Stra脽e 2, genannt "Haus der ... ischen Milchwirtschaft", geh枚rte vor dem Jahre 1933 dem ... ischen Milchversorgungsverband. Dieser war eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts. Er war im Jahre 1933 aufgel枚st und sein Verm枚gen auf den Reichsn盲hrstand 眉bertragen worden. Nach dem Kriege sollte die 眉bergabe des zerst枚rten und erst 1948 wieder aufgebauten Geb盲udes erfolgen. Eine Neugr眉ndung des Milchversorgungsverbandes war wegen der Dekartellisierungs-Bestimmungen nicht m枚glich. Auf Vorschlag des Landesministeriums f眉r Landwirtschaft gr眉ndeten die drei Landesverb盲nde, der Milchwirtschaftliche Landesverband ..... e. V., der Berufsverband der ..... Privat-Molkereien e. V. und der Raiffeisen-Verband e. V., die nach der Best盲tigung des Ministeriums als Nachfolgeorganisationen des Milchversorgungsverbandes im Sinne des Art. II Abs. 2 Kontrollratsdirektiven 1950 anzusehen waren, den Verein "Haus der ... ischen Milchwirtschaft - e. V.", der von dem genannten Ministerium als gemeinn眉tzig bezeichnet wurde. Dieser Verein hatte den satzungsgem盲脽en Zweck, Tr盲ger des Eigentumsrechts an dem genannten Gesch盲ftsgrundst眉ck zu sein und dieses Haus und etwaige Einnahmen hieraus ausschlie脽lich f眉r die ideellen Aufgaben der Milchwirtschaft zu verwenden. Mit Schreiben vom 6. Dezember 1951 hat der Verein beim Finanzamt f眉r K枚rperschaften die Ausstellung einer Bescheinigung 眉ber seinen gemeinn眉tzigen Charakter beantragt, die er f眉r die Zwecke der Grundsteuer ben枚tigte. Das Finanzamt hat die Ausstellung der Bescheinigung verweigert mit der Begr眉ndung, da脽 die Voraussetzungen der Gemeinn眉tzigkeit nicht gegeben seien. Es hat den Verein gleichzeitig zur Abgabe der K枚rperschaftsteuererkl盲rung 1950 aufgefordert.
Der Verein machte geltend, da脽 er als gemeinn眉tzig im Sinne des Steuerrechts anzuerkennen und deshalb nicht k枚rperschaftsteuerpflichtig sei, gab aber die Steuererkl盲rung ab. Das Finanzamt veranlagte den Verein f眉r das Jahr 1950 aus einem Verlust von 8.970 DM mit 0 DM K枚rperschaftsteuer. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegr眉ndet zur眉ck. Es f眉hrte im wesentlichen aus, der Beschwerdef眉hrer (Bf.) sei ein selbst盲ndiges Rechtssubjekt und deshalb seien f眉r die Frage der Gemeinn眉tzigkeit nur seine eigenen Zwecke, nicht aber die Zwecke seines Rechtsvorg盲ngers zugrunde zu legen. Der urspr眉ngliche und haupts盲chliche Zweck des Bf. sei, Rechtstr盲ger f眉r das Gesch盲ftsgrundst眉ck zu sein. Dieser Zweck sei nicht gemeinn眉tzig.
Auf die Berufung hat das Finanzgericht den Einspruch gegen den K枚rperschaftsteuerbescheid f眉r unzul盲ssig erkl盲rt und die Berufung als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen. Es ist in seiner Begr眉ndung ausgegangen von 搂 232 Abs. 1 AO und von 搂 213 Abs. 1 AO. Der Steuerbescheid enthalte im Ergebnis keine Beschwer f眉r den Verein, da dieser nur die Freistellung von der K枚rperschaftsteuer 1950 h盲tte begehren k枚nnen. Die Berufung ziele also ihrem Inhalt nach nicht auf eine 盲nderung des Ergebnisses der Besteuerung ab, sondern ausschlie脽lich auf eine 盲nderung der in der Anmerkung zum Steuerbescheid getroffenen tats盲chlichen Feststellungen. Diese Feststellungen seien aber grunds盲tzlich der Rechtskraft nicht f盲hig. Sie bildeten nach 搂 213 Abs. 1 AO regelm盲脽ig einen unselbst盲ndigen, mit Rechtsmitteln nicht selbst盲ndig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids. Steuerbescheide k枚nnten nach st盲ndiger Rechtsprechung nur in ihrem Ergebnis, nicht aber wegen ihrer Begr眉ndung angefochten werden. Dem vom Bf. wegen des Wortlauts des 搂 232 Abs. 1 AO vorgebrachten Einwand, "eine Beschwer liege auch vor, wenn die Steuerpflicht bejaht werde", ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Es hat sich dabei auf den Grundsatz des 搂 213 Abs. 1 AO berufen. Aus diesem ergebe sich eindeutig, da脽 die Besteuerungsgrundlage nicht zum Gegenstand eines besonderen Rechtsmittelverfahrens gemacht werden, sondern nur im Rahmen eines gegen den Steuerbescheid als solchen zul盲ssigen Verfahrens festgestellt werden k枚nnten. Eine Steuerfestsetzung auf 0 DM sei keine Bejahung der Steuerpflicht im Sinne des 搂 232 Abs. 1 AO. Das Finanzamt h盲tte in seinem Einspruchsbescheid in dessen Begr眉ndung nicht zur Sache entscheiden, sondern nur den Einspruch als unzul盲ssig verwerfen d眉rfen.
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Die Rechtsbeschwerde (RB.) ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an die Vorinstanz zur 眉berpr眉fung der Steuerpflicht des beschwerdef眉hrenden Vereins.
Das Finanzgericht ist zutreffend bei seiner Beurteilung von 搂 232 Abs. 1 AO ausgegangen. Diese Vorschrift in dem heute g眉ltigen Wortlaut ist durch 搂 28 Ziff. 49 des Einf眉hrungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (Reichsgesetzblatt - RGBl - I S. 961) geschaffen. Die Fassung stellt den Abschlu脽 einer l盲ngeren Entwicklung dar. Ursprung der Vorschrift ist 搂 221 AO 1919, der lautete: "Au脽er bei Feststellungsbescheiden (脽 220 Abs. 2) kann ein Steuerbescheid nur deshalb angefochten werden, weil sich der Steuerpflichtige durch die H枚he der Steuerforderung beschwert f眉hlt, oder weil die Steuerpflicht verneint oder eine zu geringe Steuer festgesetzt ist".
In den Verhandlungen des 11. Ausschusses 眉ber den Entwurf einer AO (Nr. 759 der Drucksachen der Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung) erkl盲rte der Regierungsvertreter (Becker) "die Anwendbarkeit des 搂 221 auch auf den Fall, da脽 ein Nichtsteuerpflichtiger 眉berhaupt zur Steuer herangezogen werde, nicht nur, wie der Wortlaut sage, auf den engeren Fall, da脽 ein Steuerpflichtiger in zu hohem Grade zur Steuer herangezogen werde" (S. 33 des Ausschu脽berichts, Drucksache Nr. 1460 der Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung).
Zur Entscheidung der Bestimmungen 眉ber das Rechtsmittelverfahren f眉hrt Becker in der 3. Auflage seines Kommentars zur Reichsabgabenordnung (Anm. 6 der Vorbemerkung vor 搂 217 S. 461) u. a. aus, da脽 sich bei diesen Vorschriften in noch h枚herem Masse als sonst Fl眉chtigkeiten, Ungenauigkeiten und Unklarheiten f盲nden. Daher warnte er in Anm. 7 a. a. O., die Bedeutung der Formvorschriften zu 眉bersch盲tzen. Sie seien nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck und dieser Zweck sei in erster Linie der, den Rechtsschutz des Steuerpflichtigen zu verwirklichen. Der Rechtsschutz d眉rfe nicht ohne zwingenden Grund verk眉mmert werden. Der erste Teil der vorstehenden Ausf眉hrungen von Becker gilt nicht mehr f眉r die heutige Fassung des 搂 232 Abs. 1 AO, die das Ergebnis langer 眉berlegungen ist.
Im ersten Entwurf eines Gesetzes 眉ber die Vereinheitlichung des Steuerrechts (Reichsratsdrucksache, Tagung 1927 Nr. 104) wird f眉r 搂 221 AO folgende ge盲nderte Fassung vorgeschlagen:
"(1) Einen Feststellungsbescheid der in 搂 210 Abs. 2, 3 bezeichneten Art kann der Steuerpflichtige nur deshalb anfechten, weil er sich durch die H枚he der Feststellungen, die 眉ber die Besteuerungsgrundlagen getroffen worden sind, beschwert f眉hlt.
Einen Steuerbescheid kann der Steuerpflichtige nur deshalb anfechten, weil er sich durch die H枚he der festgesetzten Steuer beschwert f眉hlt. Liegen einem Steuerbescheid ... usw."
Eine Vorschrift gleichen Inhalts findet sich im Entwurf eines Steueranpassungsgesetzes vom 14. November 1930 (Reichsratsdrucksache, Tagung 1930 zu Nr. 181 der Drucksachen Art. 1 Ziff. 50). Die 盲nderungsabsichten fanden schlie脽lich ihren Niederschlag in der Verordnung des Reichspr盲sidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (RGBl I S. 517, 559), Dritter Teil, Kap. IV Ziff. 51 mit folgendem Wortlaut: 搂 221a (= 搂 232 der Fassung der AO vom 22. Mai 1931, RGBl I S. 161, 194 - in Kraft getreten am 1. April 1932 -).
"(1) Einen Steuerbescheid kann der Steuerpflichtige nur deshalb anfechten, weil er sich entweder 1. durch die H枚he der festgesetzten Steuer oder 2. dadurch beschwert f眉hlt, da脽 die Steuerpflicht bejaht worden ist. Satz 1 Nr. 2 findet insoweit keine Anwendung, als dem Steuerbescheid ein Feststellungsbescheid 眉ber die Besteuerungsgrundlage oder ein Veranlagungsbescheid 眉ber die Besteuerungsgrundlage oder ein Veranlagungsbescheid 眉ber den Steuerme脽betrag zugrunde liegt; 搂 210d (= 搂 216 AO 1931) bleibt unber眉hrt.
Liegen einem Steuerbescheide Feststellungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheide getroffen worden sind (脽 210 f Abs. 2 搂 218 Abs. 2 AO 1931), so kann der Steuerbescheid nicht mit der Begr眉ndung angefochten werden, da脽 die in dem Feststellungsbescheide getroffenen Feststellungen unzutreffend seien. Dieser Einwand kann nur gegen den Feststellungsbescheid erhoben werden.
In dem Einf眉hrungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (RGBl I S. 961) wurde der heutige Wortlaut geschaffen. Eine Begr眉ndung f眉r den Zusatz der 2. Alternative im 搂 232 AO 1931 oder vielleicht besser ausgedr眉ckt der Ersetzung der Alternative des 搂 221 AO 1919 "oder weil die Steuerpflicht verneint ist" durch die Worte "weil die Steuerpflicht bejaht worden ist", l盲脽t sich nicht finden. M枚glicherweise geht die neue Fassung zur眉ck auf das Urteil des I. Senats I A 190/30 vom 10. Oktober 1930, Mrozek-Kartei Rechtsspruch 24 zu 搂 221 AO. Dort ist ausgesprochen, da脽 eine Rechtsmittelentscheidung, die trotz Freistellung von der Steuer dem Rechtsmittel wegen Bejahung der subjektiven Steuerpflicht "nur teilweise" stattgibt, einen unzul盲ssigen Feststellungsbescheid enth盲lt, der ohne R眉cksicht darauf, ob er f眉r andere Steueranspr眉che bindend ist, die Entscheidung anfechtbar macht. Die Rechtslage im vorliegenden Rechtsstreit ist dieselbe wie im Urteil I 190/30.
Das Finanzgericht sagt im Streitfall zwar zutreffend, da脽 sich die Freistellung in ihrer Wirkung auf die K枚rperschaftsteuer f眉r das Jahr 1950 beschr盲nke, da脽 dadurch irgendeine steuerlich nachteilige Wirkung in sp盲teren Steuerbescheiden oder in einer anderen Steuerart nicht eintrete, da der Bf. jeweils ein neues selbst盲ndiges, von der Entscheidung 眉ber die K枚rperschaftsteuer 1950 unabh盲ngiges Rechtsmittel habe. Unrichtig aber ist die Feststellung des Finanzgerichts, da脽 der steuerpflichtige Verein lediglich die Freistellung begehrt habe und da脽 ihm diese gew盲hrt worden sei. Wenn das Finanzgericht darauf hinweist, da脽 das Finanzamt 眉berhaupt keinen Steuerbescheid h盲tte erlassen m眉ssen und einfach von der Besteuerung h盲tte absehen k枚nnen, so mu脽 demgegen眉ber betont werden, da脽 f眉r das Verhalten auch des Finanzamts ma脽gebend ist, was es getan hat, nicht wie es h盲tte handeln k枚nnen. Das Finanzamt hat nun, was auch das Finanzgericht nicht bestreitet, die Steuerpflicht des Bf. bejaht und in dem Einspruchsbescheid zum ausschlie脽lichen Gegenstand seiner Er枚rterung gemacht. Daher ist vom Finanzgericht dem Antrag des Steuerpflichtigen nur teilweise stattgegeben. Die Beschwer hinsichtlich der Bejahung der Steuerpflicht im Sinne des 搂 232 Abs. 1 AO 2. Alternative ist demnach nicht ausger盲umt. Das Finanzgericht hat also teilweise 眉ber das Rechtsmittel entschieden. Das Rechtsmittel ist infolgedessen nach der Vorschrift des 搂 232 Abs. 1 AO 锄耻濒盲蝉蝉颈驳. 搂 213 AO steht dem nicht entgegen, denn dort hei脽t es, da脽 die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen "regelm盲脽ig" einen mit Rechtsmitteln nicht selbst盲ndig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids bildet. L盲脽t aber 搂 232 Abs. 1 AO ausdr眉cklich das Rechtsmittel zu, wenn die Steuerpflicht bejaht worden ist, so mu脽 dem stattgegeben werden, da das Rechtsschutzbed眉rfnis des Steuerpflichtigen dies erfordert (vgl. hierzu auch das oben angef眉hrte Urteil des Reichsfinanzhofs I 190/30 vom 10. Oktober 1930 sowie Rechtsspruch 1 zum Urteil des Bundesfinanzhof III 134/52 U vom 26. September 1952, Slg. Bd. 56 S. 752, Bundessteuerblatt 1952 III S. 289). Der w枚rtlichen Auslegung der Vorschrift ist in diesem Fall der Vorzug zu geben (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvG 2/52 vom 21. Mai 1952, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. I S. 299, 312). Die Sache ist daher an die Vorinstanz zur Pr眉fung der Steuerpflicht zur眉ckzuverweisen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 408676 |
BStBl III 1957, 151 |
BFHE 1957, 404 |
BFHE 64, 404 |
BB 1957, 317 |