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Entscheidungsstichwort (Thema)
Videorecorder als Arbeitsmittel - Beteiligtenvernehmung als Beweismittel
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Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen f眉r einen Videorecorder k枚nnen nicht ohne Darlegung und Nachweis des Umfangs der behaupteten beruflichen Nutzung als Werbungskosten anerkannt werden.
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Orientierungssatz
Die Beteiligtenvernehmung ist nur ein letztes Hilfsmittel. Sie kann unterbleiben, wenn nichts an Wahrscheinlichkeit f眉r die Richtigkeit des Vorbringens erbracht ist (vgl. BVerwG-Rechtsprechung). Wird vom Steuerpflichtigen ein der Lebenserfahrung widersprechender Sachverhalt behauptet, so begr眉ndet nicht bereits die blo脽e Behauptung des Steuerpflichtigen 眉ber das Vorliegen eines derartigen Ausnahmesachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit f眉r die Richtigkeit des Vorbringens.
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Normenkette
EStG 搂听9 Abs. 1 Nr. 6, 搂听12 Nr. 1; FGO 搂 82; ZPO 搂 450; FGO 搂 96 Abs. 1
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Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) unterrichtet an einem Gymnasium die F盲cher Chemie und Politik. Er machte die auf die Nutzungsdauer verteilten Aufwendungen f眉r die Anschaffung eines Videorecorders als Werbungskosten bei seinen Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) erkannte die Aufwendungen unter Hinweis auf 搂 12 Satz 1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht an.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Kl盲ger, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, statt. Es f眉hrte unter Hinweis auf den Beschlu脽 des Gro脽en Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) aus: Aufgrund der glaubhaften Darlegungen der Kl盲ger in der m眉ndlichen Verhandlung und der besonderen Umst盲nde des Streitfalles stehe fest, da脽 der Kl盲ger den Videorecorder im Streitjahr 1986 ganz 眉berwiegend beruflich genutzt habe. Die Kl盲ger h盲tten dies ausdr眉cklich versichert und zus盲tzlich vorgetragen, da脽 eine Verwendung durch Dritte ausscheide.
Zur Begr眉ndung seiner vom BFH zugelassenen Revision macht das FA einen Versto脽 gegen 搂 9 Abs.1 Satz 3 Nr.6, 搂 12 Nr.1 EStG sowie Verfahrensfehler geltend und tr盲gt vor: Das angefochtene Urteil stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des BFH vom 6.Mai 1959 VI 183/57 U (BFHE 69, 81, BStBl III 1959, 292), und vom 8.April 1960 VI 164/59 U (BFHE 71, 70, BStBl III 1960, 274), nach denen Aufwendungen eines Lehrers f眉r die Anschaffung eines Tonbandger盲tes grunds盲tzlich zu den Kosten der Lebenshaltung geh枚rten. Das FG habe trotz fehlender objektiv nachpr眉fbarer Kriterien f眉r eine einwandfreie Trennung die Aufwendungen f眉r den Videorecorder dem Bereich der Werbungskosten zugeordnet und damit gegen die in dem Beschlu脽 des Gro脽en Senats vom 19.Oktober 1970 GrS 3/70 (BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21, 22) aufgestellten Grunds盲tze versto脽en. Die Ausf眉hrungen des BFH zu einem Tonband seien auf Videorecorder 眉bertragbar. Im 眉brigen beruhe das angefochtene FG-Urteil auch auf der Verletzung der Regeln 眉ber den Anscheinsbeweis (搂 96 Abs.1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die BFH-Rechtsprechung habe den Erfahrungssatz anerkannt, da脽 ein Unterhaltungselektroger盲t regelm盲脽ig auch im privaten Interesse angeschafft und benutzt werde. Damit habe der BFH --ohne den Begriff expressis verbis zu verwenden-- einen Anscheinsbeweis f眉r eine nicht unerhebliche private Mitbenutzung begr眉ndet. Seine Ausf眉hrungen im Urteil vom 7.September 1989 IV R 128/88 (BFHE 158, 266, BStBl II 1990, 19) verdeutlichten, da脽 nur ausnahmsweise von einer nahezu ausschlie脽lich beruflichen Nutzung eines Unterhaltungselektroger盲tes ausgegangen werden k枚nne. Gr眉nde f眉r eine derartige Ausnahme seien im Streitfall vom FG nicht festgestellt und von den Kl盲gern auch nicht vorgetragen worden oder anderweitig ersichtlich. Der Vortrag der Kl盲ger, das Ger盲t werde nicht f眉r private Zwecke genutzt, gehe nicht 眉ber das hinaus, was typischerweise in der Masse vergleichbarer F盲lle vorgetragen werde.
Das FA beantragt sinngem盲脽, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zur眉ckzuverweisen.
Die Kl盲ger beantragen, die Revision zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Die tats盲chlichen Feststellungen des FG tragen nicht die von ihm gezogene Schlu脽folgerung, da脽 die Anschaffung des Videorecorders beruflich veranla脽t gewesen sei und Gesichtspunkte der Lebensf眉hrung nur von untergeordneter Bedeutung gewesen seien.
1. Nach 搂 9 Abs.1 Nr.6 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen f眉r Arbeitsmittel. Hierunter fallen alle Wirtschaftsg眉ter, die unmittelbar der Erledigung beruflicher Aufgaben dienen (BFH-Urteil vom 31.Januar 1986 VI R 78/82, BFHE 146, 76, BStBl II 1986, 355). Andererseits d眉rfen Aufwendungen f眉r die Lebensf眉hrung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, nach 搂 12 Nr.1 Satz 2 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden, auch wenn sie zur F枚rderung des Berufs oder der T盲tigkeit des Steuerpflichtigen get盲tigt werden. Ein Wirtschaftsgut kann daher nur dann nach 搂 9 Abs.1 Nr.6 EStG als Arbeitsmittel angesehen werden, wenn feststeht, da脽 der Arbeitnehmer den Gegenstand weitaus 眉berwiegend beruflich verwendet, eine private Mitbenutzung also von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Dies h盲ngt nach dem Beschlu脽 des Gro脽en Senats in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 grunds盲tzlich von der tats盲chlichen Zweckbestimmung, d.h. von der Funktion des Wirtschaftsguts im Einzelfall ab. Bei der Beweisw眉rdigung zur Feststellung des Verwendungszwecks spielt der objektive Charakter des Wirtschaftsguts eine gro脽e Rolle. Ist nicht nachpr眉fbar oder nicht klar erkennbar, ob der Gegenstand weitaus 眉berwiegend dem Beruf dient, so sind Aufwendungen f眉r die Anschaffung schon aus Gr眉nden der steuerlichen Gerechtigkeit zu den Kosten der Lebensf眉hrung zu rechnen (vgl. insbesondere auch BFH-Urteil vom 16.Oktober 1981 VI R 180/79, BFHE 134, 299, BStBl II 1982, 67 --Kosten der Anschaffung von B眉chern bei Lehrern--).
2. Der BFH hat die Anschaffungskosten f眉r ein Tonbandger盲t bei Lehrern (BFHE 69, 81, BStBl III 1959, 292; BFHE 71, 70, BStBl III 1960, 274) und bei einem Richter (Urteil vom 29.Januar 1971 VI R 31/68, BFHE 101, 381, BStBl II 1971, 327) --anders als bei einem Berufsmusiker (Urteil vom 29.Januar 1971 VI R 6/68, BFHE 102, 35, BStBl II 1971, 459)-- zu den Kosten der Lebensf眉hrung gerechnet. Es hat dies damit begr眉ndet, da脽 ein Tonbandger盲t in verschiedenartiger Weise f眉r private Zwecke genutzt werden k枚nne und nach der Lebenserfahrung anzunehmen sei, da脽 ein Tonbandger盲t, das im Beruf Verwendung finde, regelm盲脽ig auch im privaten Interesse angeschafft werde. Der X.Senat des BFH hat den Betriebsausgabenabzug des Aufwandes f眉r den Videorecorder einer professionellen Wahrsagerin deshalb abgelehnt, weil das in 搂 12 Nr.1 Satz 2 EStG enthaltene Aufteilungs- und Abzugsverbot dem entgegenstehe. Er hat den vom FG angenommenen Anteil der privaten Nutzung von 20 v.H. als nicht so untergeordnet angesehen, da脽 es gerechtfertigt w盲re, die private Nutzung v枚llig unbeachtet zu lassen (Urteil vom 26.Juli 1989 X R 7/87, BFH/NV 1990, 441, 442).
Nach Ansicht des Senats handelt es sich bei einem Videorecorder ebenso wie bei einem Tonband, Fernsehger盲t, einer Tageszeitung oder einem allgemeinen Nachschlagewerk um einen Gegenstand, der von der ganz 眉berwiegenden Zahl der K盲ufer zu Zwecken der Lebensf眉hrung und nicht zu beruflichen Zwecken angeschafft wird. Insofern unterscheidet sich ein Videorecorder aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit z.B. von einem Diktierger盲t, das nach der Lebenserfahrung von der 眉berwiegenden Zahl der K盲ufer zu beruflichen oder betrieblichen Zwecken erworben wird. Um bei Gegenst盲nden, die nach der Lebenserfahrung ganz 眉berwiegend zu Zwecken der Lebensf眉hrung angeschafft werden, den Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu erm枚glichen, reicht es nicht aus, ganz allgemein eine tats盲chliche berufliche Nutzung festzustellen. Denn selbst wenn die berufliche Nutzung erwiesen ist, ist nach 搂 12 Nr.1 Satz 2 EStG weiteres Erfordernis der Abziehbarkeit, da脽 gegen眉ber der festgestellten beruflichen oder betrieblichen Nutzung die private Nutzung von untergeordneter Bedeutung ist. Deshalb ist zun盲chst der Umfang der jeweiligen Nutzung zu ermitteln. Eine nach der Lebenserfahrung anzunehmende und vom Steuerpflichtigen nicht widerlegte geringe private Nutzung kann dann bedeutungslos werden, wenn ihr eine besonders intensive berufliche Verwendung gegen眉bersteht. Eine Aufteilung der Kosten entsprechend der Verwendung f眉r berufliche Zwecke und solche der Lebensf眉hrung scheidet aus den vom X.Senat in BFH/NV 1990, 441 angef眉hrten Gr眉nden aus.
3. Die Beweisw眉rdigung des FG, da脽 der vom Kl盲ger angeschaffte Videorecorder nahezu ausschlie脽lich f眉r berufliche Zwecke verwendet worden ist, ist rechtsfehlerhaft. Der Erfahrungssatz, da脽 ein in der Wohnung aufbewahrtes Videoger盲t auch f眉r Zwecke der Lebensf眉hrung benutzt wird, konnte nicht bereits durch die blo脽e Behauptung der Kl盲ger, da脽 dies in ihrem Falle nicht zutreffe, widerlegt werden. Gr眉nde daf眉r, weshalb die Darlegungen der Kl盲ger bei ihrer formlosen Anh枚rung in der m眉ndlichen Verhandlung glaubhaft seien, hat das FG nicht angef眉hrt. Tats盲chliche Feststellungen dar眉ber, in welchem Umfang der Videorecorder vom Kl盲ger beruflich genutzt worden ist, hat es nicht getroffen. Die Sache ist deshalb nicht spruchreif und an das FG zur眉ckzuverweisen (搂 126 Abs.3 Nr.2 FGO).
Die Kl盲ger werden im zweiten Rechtsgang den Umfang der beruflichen Nutzung des Videorecorders umfassend darlegen und nachweisen m眉ssen. Sie werden deshalb Zeugen, z.B. Sch眉ler oder eventuell mit dem Aufbau des Videoger盲ts betraute Hilfspersonen, f眉r die Richtigkeit ihres nachzuholenden Vorbringens 眉ber den Umfang des Einsatzes des Videorecorders in der Schule benennen m眉ssen. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen w眉rde sich allerdings dann er眉brigen, wenn die Kl盲ger nicht eine sehr intensive Verwendung des Videorecorders im Unterricht, z.B. in nicht mehr als drei bis vier Stunden w枚chentlich, geltend machen, weil dann im Hinblick auf den geringen Umfang der beruflichen Nutzung die nach der Lebenserfahrung anzunehmende private Mitbenutzung nicht als unbedeutend angesehen werden k枚nnte.
Soweit die Kl盲ger demgegen眉ber jegliche private Mitbenutzung in Abrede gestellt haben, ist die Beteiligtenvernehmung (搂 82 FGO i.V.m. 搂 450 ZPO) f眉r die Richtigkeit dieses Vorbringens ohne weitere Erl盲uterungen durch die Kl盲ger kein geeignetes Beweismittel. Denn die Beteiligtenvernehmung ist nur ein letztes Hilfsmittel. Sie kann unterbleiben, wenn nichts an Wahrscheinlichkeit f眉r die Richtigkeit des Vorbringens erbracht ist (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 22.August 1974 III C 15/73, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung 1975, 508; Beschlu脽 des BVerwG vom 5.M盲rz 1980 3 B 2.79, Die 枚ffentliche Verwaltung 1980, 650). Wird von einem Steuerpflichtigen ein der Lebenserfahrung widersprechender Sachverhalt behauptet, so begr眉ndet nicht bereits die blo脽e Behauptung des Steuerpflichtigen 眉ber das Vorliegen eines derartigen Ausnahmesachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit f眉r die Richtigkeit des Vorbringens.
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Fundstellen
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BFH/NV 1992, 15 |
BStBl II 1992, 195 |
BFHE 166, 61 |
BFHE 1992, 61 |
BB 1992, 696 |
BB 1992, 696 (LT) |
DB 1992, 408-409 (LT) |
DStR 1992, 175 (KT) |
DStZ 1992, 211 (K) |
HFR 1992, 173 (LT) |
StE 1992, 84 (K) |