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Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsvollstreckung als unternehmerische T盲tigkeit
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Leitsatz (amtlich)
1. Ein Testamentsvollstrecker, der 眉ber einen l盲ngeren Zeitraum eine Vielzahl von Handlungen vornimmt, wird regelm盲脽ig nachhaltig und damit unternehmerisch t盲tig; dies gilt auch bei einer "Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung" (Anschluss an BFH-Urteile vom 26. September 1991 V R 1/87, BFH/NV 1992, 418, und vom 30. Mai 1996 V R 26/93, BFH/NV 1996, 938).
2. Die unternehmerische T盲tigkeit eines Testamentsvollstreckers unterliegt auch dann der Umsatzsteuer, wenn sie aus privatem Anlass aufgenommen wurde; die Rechtsprechung des EuGH zur "nur gelegentlichen" Ausf眉hrung von Ums盲tzen durch Nutzung privater Gegenst盲nde kann hierzu nicht erweiternd angewendet werden.
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Normenkette
UStG 1993 搂听1 Abs. 1 Nr. 1, 搂听2 Abs. 1; UStG 1999 搂听1 Abs. 1 Nr. 1, 搂听2 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 3
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Streitig ist, ob die Ums盲tze des Kl盲gers und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) in den Jahren 1997 bis 1999 (Streitjahre) aus seinen T盲tigkeiten als Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter der Umsatzsteuer unterlagen.
Aufgrund einer betriebsnahen Veranlagung kam der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) zu dem Ergebnis, dass die --im Inland ausge眉bten-- T盲tigkeiten des Kl盲gers als Testamentsvollstrecker f眉r den Nachlass K bzw. als Nachlassverwalter f眉r den Nachlass V (37 Miterben) steuerpflichtig nach 搂 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG 1993/1999) seien. Die T盲tigkeiten h盲tten eine Vielzahl von Einzelhandlungen des Kl盲gers umfasst, 眉ber l盲ngere Zeit angedauert und seien mit Einnahmeerzielungsabsicht betrieben worden. Gleichzeitig ber眉cksichtigte das FA die auf die T盲tigkeiten entfallenden Vorsteuern zu Gunsten des Kl盲gers. Neben den hier streitigen Ums盲tzen erzielte der Kl盲ger au脽erdem Ums盲tze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundst眉cken, f眉r die er gem盲脽 搂 9 UStG 1993/1999 auf die Steuerbefreiung verzichtete.
Nach den Feststellungen des FA hat der Kl盲ger in den Jahren 1998 und 1999 jeweils 25 862 DM aus der Nachlassverwaltung V (Summe 51 724 DM) und im Jahr 1997听 7 826 DM sowie im Jahr 1998听 1 931 DM Ums盲tze aus der T盲tigkeit als Testamentsvollstrecker des Nachlasses K (Summe 9 757 DM) erzielt. Das FA erlie脽 jeweils am 4. April 2001 ge盲nderte Umsatzsteuerbescheide f眉r die Jahre 1997 bis 1999 und setzte die Umsatzsteuer f眉r 1997 auf 8 163 DM (erkl盲rt: 7 788,44 DM = 3 982,17 鈧), f眉r 1998 auf 6 834 DM (erkl盲rt: 3 371,40 DM = 1 723,77 鈧) und f眉r 1999 auf 5 577 DM (erkl盲rt: 2 135,30 DM = 1 091,76 鈧) fest.
Die hiergegen eingelegten Einspr眉che blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 644 ver枚ffentlichte Urteil mit der Begr眉ndung statt, der Kl盲ger habe die T盲tigkeiten als Testamentsvollstrecker des Nachlasses K und die Verwaltung des Nachlasses V nur deshalb 眉bernommen, weil er in beiden F盲llen Miterbe war. In beiden F盲llen sei es von vornherein um die Auseinandersetzung des Nachlassverm枚gens gegangen; nach diesen T盲tigkeiten sei der Kl盲ger nicht mehr als Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter t盲tig geworden. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Testamentsvollstrecker grunds盲tzlich selbst盲ndig und nachhaltig i.S. des 搂 2 Abs. 1 UStG 1993/1999 t盲tig; die Beurteilung als "Steuerpflichtiger" aufgrund einer "wirtschaftlichen T盲tigkeit" komme aber nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europ盲ischen Gemeinschaften (EuGH) vom 26. September 1996 C-230/94, Enkler (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1996, 418) nicht in Betracht, wenn die Ums盲tze --wie im Streitfall-- f眉r private Zwecke und damit nur gelegentlich i.S. von Art. 4 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) ausgef眉hrt w眉rden.
Hiergegen wendet sich das FA mit seiner --vom FG wegen grunds盲tzlicher Bedeutung zugelassenen-- Revision und macht insbesondere geltend: Die vom FG herangezogene EuGH-Rechtsprechung sei zu Ums盲tzen mit Gegenst盲nden ergangen, die sowohl wirtschaftlichen wie privaten Zwecken dienen k枚nnen, sie k枚nne deshalb nicht auf den hier vorliegenden Fall von Dienstleistungen 眉bertragen werden. Au脽erdem habe das FG bei seiner Entscheidung nicht die gesamten Gegebenheiten des Einzelfalls ber眉cksichtigt, wie dies vom EuGH gefordert werde, wenn es wesentlich darauf abstelle, dass die --nicht unerheblich verg眉tete-- T盲tigkeit aus dem Umstand entstanden sei, dass der Kl盲ger Miterbe gewesen sei.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kl盲ger ist der Revision entgegengetreten und h盲lt das Urteil des FG f眉r zutreffend.
Die Beteiligten haben 眉bereinstimmend auf m眉ndliche Verhandlung verzichtet.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung des Urteils des FG sowie zur Abweisung der Klage (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die vom Kl盲ger als Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter erzielten Ums盲tze nicht der Umsatzsteuer unterliegen.
1. Nach 搂 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993/1999 unterliegen u.a. die sonstigen Leistungen der Umsatzsteuer, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausf眉hrt. Streitig ist bei den T盲tigkeiten des Kl盲gers als Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter allein, ob er Unternehmer i.S. des 搂 2 UStG 1993/1999 war. Nach 搂 2 Abs. 1 Satz 1 UStG 1993/1999 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit selbst盲ndig aus眉bt; nach 搂 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993/1999 ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige T盲tigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
a) Der Kl盲ger war als Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker selbst盲ndig t盲tig, weil er seine Aufgaben weisungsfrei wahrgenommen hat.
b) Das hier streitige Merkmal der gewerblichen oder beruflichen, d.h. nachhaltigen T盲tigkeit ist nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 24. November 1992 V R 8/89, BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379; vom 13. November 2003 V R 59/02, BFHE 203, 540, BStBl II 2004, 472, mit Nachweisen) aufgrund des Gesamtbildes der Verh盲ltnisse anhand verschiedener Kriterien zu beurteilen, die im Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung heranzuziehen sind. Es sind u.a. zu w眉rdigen: die Dauer und die Intensit盲t des T盲tigwerdens, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgef眉hrten Ums盲tze und das planm盲脽ige T盲tigwerden. An die entsprechenden tats盲chlichen Feststellungen und deren W眉rdigung durch das FG ist der BFH als Revisionsgericht gem盲脽 搂 118 Abs. 2 FGO gebunden. Das Revisionsgericht hat insoweit nur zu pr眉fen, ob dem FG bei der tats盲chlichen W眉rdigung Rechtsverst枚脽e unterlaufen sind.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch eine T盲tigkeit als Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter in nur zwei Verfahren zur Auseinandersetzung eines Nachlasses eine nachhaltige T盲tigkeit sein kann (vgl. BFH-Urteile vom 26. September 1991 V R 1/87, BFH/NV 1992, 418; vom 30. Mai 1996 V R 26/93, BFH/NV 1996, 938). Nachhaltigkeit ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil keine Verwaltungs-, sondern eine sog. Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung ausgef眉hrt wird. Insbesondere wegen der Vielzahl der vorgenommenen Handlungen 眉ber einen l盲ngeren Zeitraum ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise von einer nachhaltigen T盲tigkeit des Kl盲gers ausgegangen.
c) Zu Unrecht hat das FG aber angenommen, dass der Besteuerung der Ums盲tze des Kl盲gers entgegenstehe, dass er sie f眉r private Zwecke "und damit nur gelegentlich i.S. des Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG" ausgef眉hrt habe; diese Rechtsauffassung deckt sich nicht mit den Grunds盲tzen zum Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer.
Der EuGH geht in st盲ndiger Rechtsprechung vielmehr davon aus, dass Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist (EuGH-Urteile vom 4. Dezember 1990 Rs. C-186/89, Van Tiem, Slg. 1990, I-4363 RandNr. 17; vom 29. April 2004 Rs. C-77/01, EDM, UR 2004, 292 RandNr. 47). Allerdings muss sich der Umsatz auf eine "wirtschaftliche T盲tigkeit" beziehen, was bei Zahlungen nicht der Fall ist, die auf dem blo脽en Eigentum an einem Gegenstand beruhen; der Steuerpflichtige muss vielmehr "als solcher" (vgl. Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) handeln (EuGH-Urteile vom 11. Juli 1996 Rs. C-306/94, R茅gie dauphinoise, Slg. 1996, I-3695 RandNrn. 15, 17; vom 22. Juni 1993 Rs. C-333/91, Sofitam, Slg. 1993, I-3513 RandNr. 13; vom 14. November 2000 Rs. C-142/99, Floridienne und Berginvest, Slg. 2000, I-9567 RandNr. 26).
Da Gegenst盲nde sowohl privaten wie unternehmerischen T盲tigkeiten dienen k枚nnen, kann ihre (ggf. nur beabsichtigte) Nutzung Abgrenzungsfragen hervorrufen; deshalb gehen die vom FG zitierten EuGH-Urteile (in UR 1996, 418; vom 4. Oktober 1995 Rs. C-291/92, Armbrecht, BStBl II 1996, 392) von der Nutzung bzw. der Ver盲u脽erung von Gegenst盲nden und der Frage aus, ob diese Vorg盲nge privat oder unternehmerisch zu beurteilen sind. Wird der Steuerpflichtige jedoch "als solcher" --wie hier der Kl盲ger-- mit Dienstleistungen (vgl. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) gewerblich oder beruflich t盲tig, ohne dass es dabei auf die Verwendung von Gegenst盲nden ankommt, greifen die Einschr盲nkungen dieser EuGH-Rechtsprechung nicht ein. Dann ist es aber auch unerheblich, aus welchen Gr眉nden --wie hier der Miterbenstellung-- der Kl盲ger die wirtschaftliche T盲tigkeit aufgenommen hat (zur Testamentsvollstreckung als Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter siehe auch BFH-Beschluss vom 10. Juni 1992 V B 135/01, BFH/NV 2002, 1504).
Das Gemeinschaftsrecht schlie脽t eine Besteuerung der Ums盲tze des Kl盲gers damit nicht aus.
2. Die Sache ist entscheidungsreif. Das FG hat die Voraussetzungen f眉r die Besteuerung der Ums盲tze des Kl盲gers nach nationalem Recht ausdr眉cklich bejaht; da die vom FG zu Unrecht angenommenen Einschr盲nkungen durch das Gemeinschaftsrecht nicht eingreifen, deretwegen allein das FG die Umsatzsteuerpflicht verneint hatte, war die Klage abzuweisen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1628847 |
BFH/NV 2007, 176 |
BStBl II 2007, 148 |
BFHE 2008, 331 |
BFHE 215, 331 |
BB 2006, 2802 |
BB 2007, 89 |
DB 2007, 1339 |
DStR 2006, 2248 |
DStRE 2007, 68 |
HFR 2007, 149 |
UR 2007, 16 |